Abt Neithards und seiner Münche Chor | ![]() |
aus Des Knaben Wunderhorn, I. Band
Ich will mich aber freuen gegen diesen Mayen, Der mir gar üppiglichen Muth soll verleihen, Das sey eim Bauer und seinen Gesellen leide.
2. Ich habe der Lieben gedient also lange,
3. Die trug sie gar hübschlich zu dem Tanze,
4. Ich kam zu der Lieben schon gegessen,
5. In einer weiten Stube mit Gedränge,
6. Aller meiner Noth konnt ich nicht bedenken.
7. Meines Unfalls Rath hätt ich bald vergessen,
8. Dahin gen Wien, da eilt ich also balde,
9. Und zehn Ellen mehr, darum wollt ichs nicht lassen,
10. Und hätt ich einen Schneider mit zweien Knechten,
11. Die eine kurz, die andere wohl gelänget,
12. Die fünf und zwanzigst Kutten will ich selber tragen,
13. Und hätt ich einen Scherer also gute,
14. Noch so muß ich haben viererley Dinge,
15. Noch so hab ich der Abentheuer nicht gare,
16. Also war das Abentheuer bereitet,
17. Zum grünen Anger unter der schönen Linden,
18. Der erste der sprach, wollt ihr den Neithard sehen,
19. Er zog die Gugel von der Platten gare,
20. Er zuckt die Gugel gar nieder auf den Rücken,
21. Er sprach: Grüß euch Gott Kinder, wollt ihr trinken?
22. Sie trunken alle den Österwein gar vaste,
23. Die Messer und die Schwerdt begunnt er ihnen rauffen,
24. Also wurden ihrer vier und zwanzig beschoren, | 25. Sie lagen bis an den vierten Tag ohne Sinnen, Allererst da wurden sie's wohl innen, Und hört, wie einer sprach der alten Knaben.
26. Der greift da mit der Hand wohl auf das Haare:
27. Der andere sprach: So sing uns das Amte,
28. Der Neithard kam wohl zu den Bauren getreten:
29. Nun lieber Herr, das hat uns Gott erschaffen,
30. Ihr lieben Kind, zum Lernen seyd ihr junge,
31. Mit guten Worten bracht er's auf die Straße,
32. Er stellt sie vor das Thor wohl auf die Brücken,
33. So will ich gehen zu Herzog Otten grade,
34. Lieber Herzog Otto, ich bin ein Priester worden,
35. Nun lieber Herr verleiht ein Zell mir balde,
36. Wohl auf drey Säulen ist er weidentlich geschicket,
37. Ach lieber Herr, dort hats kein rechten Schalle,
38. So weiß ich noch ein Chor für deine Knaben,
39. Nun hob sich an ein Singen gar ungleiche,
40. Der erste sang von Ochsen und von Rindern,
41. Der dritt der sang: Nun fahr ich aus dem Lande,
42. Die andern Herrn, genannt die Brüder Otte,
43. Der Engelmayer sang und zerrt sein Kutten oben:
44. Sie wurden Zornes voll ohn Fressen und ohn Saufen,
45. Der Herzog sprach: Nun fertig' sie von hinnen,
46. Da rief Herr Neithard vom Fenster nieder:
47. Mit Murren zogen sie wie eine Wetterwolken,
48. Sie huben sich zum Thor hinaus zu traben, |