Der Tod und das Mädchen im Blumengarten

Es ging ein' Jungfrau zarte

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Links: Fliegendes Blat aus Kölln, aus Des Knaben Wunderhorn, I. Band

Es ging ein Mägdlein zarte
Früh in der Morgenstund
In einen Blumengarten,
Frisch, fröhlich und gesund,
Der Blümlein es viel brechen wollt,
Daraus ein Kranz zu machen,
Von Silber und von Gold.

2. Da kam herzu geschlichen
Ein gar erschrecklich Mann,
Die Farb war ihm verblichen,
Kein' Kleider hatt' er an,
Er hatt' kein Fleisch, kein Blut, kein Haar,
Es war an ihm verdorret
Sein Haut, und Flechsen gar.

3. Gar häßlich thät er sehen,
Scheußlich war sein Gesicht,
Er weiset seine Zähne
Und that noch einen Schritt,
Wohl zu dem Mägdlein zart,
Das schier für großen Ängsten,
Des grimmen Todes ward.

4. Nun schick dich Mägdlein, schick dich,
Du must mit mir an Tanz!
Ich will dir bald aufsetzen,
Ein wunderschönen Kranz,
Der wird dir nicht gebunden sein
Von wohlriechenden Kräutern,
Und zarten Blümelein.

5. Der Kranz, den ich aufsetze,
Der heißt die Sterblichkeit;
Du wirst nicht seyn die letzte,
Die ihn trägt auf dem Haupt;
Wie viel allhie gebohren seyn,
Die müssen mit mir tanzen
Wohl um das Kränzelein.

6. Der Würmer in der Erde
Ist eine große Zahl,
Die werden dir verzehren
Dein Schönheit allzumahl,
Sie werden deine Blümlein seyn,
Das Gold, und auch die Perlen,
Silber und Edelstein.

7. Willst du mich gerne kennen
Und wissen, wer ich sey?
So hör mein Nahmen nennen,
Will dir ihn sagen frey:
Der grimme Tod werd ich genannt,
Und bin in allen Landen,
Gar weit und breit bekannt.

8. Die Sense ist mein Wappen,
Das ich mit Rechte führ,
Damit thu ich anklopfen
Jedem an seine Thür,
Und wenn sein Zeit ist kommen schon,
Spät, früh, und in der Mitten,
'S hilft nichts, er muß davon!

9. Das Mägdlein voller Schmerzen,
Voll bittrer Angst und Noth,
Bekümmert tief im Herzen,
Bat: Ach du lieber Todt,
Wollst eilen nicht so sehr mit mir,
Mich armes Mägdlein zarte
Laß länger leben hier!

10. Ich will dich reich begaben,
Mein Vater hat viel Gold,
Und was du nur willst haben
Das all du nehmen sollt!
Nur lasse du das Leben mir,
Mein allerbeste Schätze,
Die will ich geben dir!

11. Kein Schatz sollt du mir geben,
Kein Gold noch Edelstein!
Ich nehm dir nur das Leben,
Du zartes Mägdelein,
Du must mit mir an meinen Tanz,
Daran noch kommt manch Tausend,
Bis daß der Reihn wird ganz.

12. O Tod, laß mich beim Leben,
Nimm all mein Hausgesind!
Mein Vater wird dirs geben,
Wenn er mich lebend findt,
Ich bin sein einzigs Töchterlein,
Er würde mich nicht geben
Um tausend Gulden fein.

13. Dein Vater will ich holen
Und will ihn finden wohl,
Mit seinem Hausgesinde,
Weiß, wenn ich kommen soll,
Jetzund nehm ich nur dich allein:
O zartes Mägdlein junge,
Du must an meinen Reihen.

14. Erbarm dich meiner Jugend,
Sprach sie mit großer Klag,
Will mich in aller Tugend,
Üben mein Lebetag.
Nimm mich nicht gleich dahin jetzund,
Spar mich noch eine Weile,
Schon mich noch etlich' Stund!

15. Drauf sprach der Tod: Mit nichten,
Ich kehr mich nicht daran,
Es hilft allhier kein Bitten,
Ich nehme Frau und Mann!
Die Kinderlein zieh ich herfür,
Ein jedes muß mir folgen,
Wenn ich klopf an die Thür.

16. Er nahm sie in der Mitten,
Da sie am schwächsten was,
Es half bey ihm kein Bitten,
Er warf sie in das Graß,
Und rührte an ihr junges Herz
Da liegt das Mägdlein zarte,
Voll bittrer Angst und Schmerz.

17. Ihr Farb that sie verwandlen,
Ihr Aeuglein sie verkehrt
Von einer Seit zur andern
Warf sie sich auf der Erd,
All Wollust ihr vergangen war,
Kein Blümlein mehr wollt holen
Wohl aus dem grünen Graß.

Es ginge ein' Jungfrau zarte
Frisch, fröhlich und gesund
In ihren Rosengarten
Wohl zu der Morgenstund
Wohl zu der frühen Morgenstund
Schön Kränzlein tat sie winden
Von lauter Röslein rot.

2. Da kam hereingeschlichen
Ein langer, hagerer Mann.
Die Farb war ihm verblichen,
Einen Kittel hatt er an.
Er hatte weder Fleisch noch Blut,
Die Zähne tat er blecken
Als wiedergrimmig Tod.

3. Mein Kind, gib mir dein Kränzlein,
Dein Liebster will ich sein;
Ich will auch mit dir tanzen
Und will dich führen heim.
Der grimmig Tod bin ich genannt;
Ich nehme, wen ich kriege,
Sein jung sie oder alt.

4. Ach Tod, laß mich am Leben,
Ich bin das einzig Kind.
Mein Vater wird dir geben
Sein ganzes Hofgesind.
Ich bin sein einzig Töchterlein,
Er würde mich nicht geben
Für Gold und Edelstein.

5. Er nahm sie um die Mitte,
Wo sie am schwächsten was,
Und brach sie überrücke
Wohl in das grüne Gras.
Sie warf die Äuglein hin und her:
Ach komm mir doch zur Hilfe,
Mein Gott und auch mein Herr!

6. Ein Glöcklein hört man läuten:
Wer mag gestorben sein?
Das gilt wohl keiner anderen
Als Königs Töchterlein.
Es trat zu ihr der grimmig Tod;
Ein Kränzlein wollt sie winden
Von lauter Röslein rot.

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